Einleitung: Der „reine Glenlivet“1
Glenlivet hat eine bewegte Geschichte. Im Laufe der Zeit hat der Name „Glenlivet“ nicht nur stetig seine Bedeutung gewandelt. Die Verwendung dieser Bezeichnung war Gegenstand handfester Streitigkeiten, hat Leute bis vor Gericht gebracht und sogar zu Morddrohungen geführt.
Aber fangen wir von vorne an.
Elizabeth Grant of Rothiemurchus (1797-1885) weiß Folgendes über den Schottlandbesuch von König George IV im Jahre 1822 zu berichten: „Überall war er auf der Suche nach reinem Glenlivet-Whisky. Der König trank nichts anderes, und sein Whisky durfte auf keinen Fall von woanders als den Highlands kommen.“
Viele Destillerien und nicht zuletzt Glenlivet selbst machen heute noch mit diesem Zitat für sich Werbung. Die Sache hat allerdings einen Haken.
Als Destillerie wurde Glenlivet nämlich erst 1824 gegründet. Zu diesem Zeitpunkt war sie außerdem auch nur unter dem Namen „Destillerie des Bauern George Smith aus Drumin“ bekannt. George Smiths Destillerie lag im Herzen des Tals des Livet-Flusses (so die Bedeutung des schottischen Namens Glenlivet), etwas südlich des Zusammenflusses der Flüsse Livet und Avon, der wiederum in den Spey-Fluss mündet.

Damals war Glenlivet nicht nur der gängige Name für das Tal des Livet. „Glenlivet“ diente ebenso als Bezeichnung für den Whisky, der in der Region rund um den Speyfluss hergestellt wurde. Dieser oft schwarz gebrannte Whisky wurde größtenteils Richtung Süden geschmuggelt und fand auch beim englischen Adel eine treue Kundschaft.
So diente die Bezeichnung „Glenlivet“ einerseits als Name einer Destillerie und andererseits als Synonym für eine bestimmte Art von Whisky. Daher haben sich früher auch andere Destillerien gerne mit dem „Glenlivet“-Prädikat geschmückt. Dies war zum Beispiel bei Macallan-Glenlivet oder Aberlour-Glenlivet der Fall.
Was es mit dem „Glenlivet“ auf sich hat

Mit Ausnahme der Eigenabfüllungen der The Glenlivet Destillerie findet man heutzutage kaum noch den Namen „Glenlivet“ auf Whiskyflaschen. Nur Cadenhead’s und ein paar andere unabhängige Abfüller verwenden dieses Label noch heute für die von ihnen abgefüllten Speyside-Whiskys.
Indem sie ihre Whiskys als „Glenlivet“ bezeichnen, verwenden sie eine althergebrachte Benennung, um an die gute alte Zeit zu erinnern.
Aber die meisten der circa dreißig Destillerien, die das „Glenlivet“-Label früher verwendet haben, benutzen es heute nicht mehr. Gegen Ende des zwanzigsten Jahrhunderts haben sie das „Glenlivet“-Anhängsel abgelegt, um ihren eigenen Namen und ihre Identität zu stärken. Einige Destillerien, wie Tomintoul oder Glen Moray, werden nichtsdestotrotz noch heute mit dem „Glenlivet“-Suffix im Handelsregister geführt.
Aber wie sind diese Destillerien überhaupt an die Erlaubnis gelangt, den Namen „Glenlivet“ für sich zu nutzen? Wie können wir die vielschichtigen Bedeutungen dieser Bezeichnung verstehen, die sich im Laufe der Zeit so oft gewandelt haben?
Whiskyhandel und -schmuggel im 18. Jahrhundert
Kehren wir an die Anfänge des Namens „Glenlivet“ zurück und werfen dazu einen Blick ins 18. Jahrhundert. Die weitverbreitete und allzu einfache Trennung zwischen den schottischen Highlands und Lowlands findet sich auch in der frühen Whiskygeschichte.
Kurz gefasst lässt sich sagen, dass die englischsprachigen Lowlands ihren Whisky eher für den englischen Markt produzierten. Die dortigen Produzenten waren daher vor allem darauf aus, das Maximum an Whisky aus ihren Brennereien herauszuholen. Dazu setzten sie auch die neuesten Techniken ein. Dies ging nicht selten auf Kosten des Destillats, das durch diese Produktion auf Masse von eher minderer Qualität war.
Zur gleichen Zeit wurde in den Highlands noch Gälisch gesprochen. Tauschhandel ging vor Warenhandel, und es gab eine Unmenge an kleinen Farmdestillerien in Familienbesitz, die ihren eigenen Whisky brannten. Die britische Regierung kümmerte sich lange Zeit kaum um die kleinen Highland-Destillerien. Mit ihrer Steuerpolitik zielte sie nur darauf ab, dass die Highland-Destillerien ihren Whisky nicht südlich der Highland-Linie verkauften. Dafür waren die Steuern, die die Highland-Destillerien entrichten mussten, aber auch niedriger als die Steuern jener Destillerien, die südlich der Highland-Linie lagen.
1785 wurde gesetzlich festgelegt, dass der Verkauf von Whisky nur in der Region geschehen sollte, wo er auch hergestellt wurde. Die Highland-Destillerien sollten also nur für die Highlands produzieren und ihr Produkt auch nur dort verkaufen. Dadurch wurde ihnen das Erzielen legaler Gewinne durch Handel und Export deutlich schwerer gemacht als ihren südlichen Nachbarn.
Wie nicht anders zu erwarten, schlug dieser Versuch der britischen Regierung, der schottischen Whiskyherstellung Herr zu werden, fehl.
Die unzähligen kleinen Highland-Destillerien und ihr Whisky ließen sich nicht einschränken. Schon bald gab es einen florierenden Schmuggel über die Highland-Linie. Dank der vergleichsweise guten Straßen in der Region wurde dabei vor allem Whisky aus der Speyside geschmuggelt.
Über die dahinterstehende Politik ließen sich Bände füllen. Ich werde es an dieser Stelle aber bei einem Zitat aus dem Dundee Courier von 1881 belassen: „Das Schmuggeln von Whisky wurde als ehrenhaftes und nobles Geschäft angesehen, waren die darin involvierten Männer doch Jakobiten, die es als ihre rechte und gute Pflicht ansahen, der britischen Regierung zu schaden.“
Es wäre aber falsch, anzunehmen, dass Highland-Whisky in höheren britischen Kreisen deswegen nicht gut ankam. Ganz im Gegenteil. Viele britische Adlige waren voll des Lobes über den zu ihnen geschmuggelten Whisky aus den Highlands.
So pries Elizabeth Grant, die Tochter eines britischen Regierungsmitgliedes, den von ihr verkauften Whisky in höchsten Tönen als „reinste Schmuggelqualität“, was eher nach der Beschreibung eines exquisiten Tropfens als nach Fusel klingt.
Und ein Bericht des House of Commons über schottische Destillerien aus dem Jahre 1799 besagt Folgendes: „Die Whiskys, die in den Highlands gebrannt werden, schmecken besser und sind auch im Allgemeinen von besserer Qualität als jene, die in den Lowlands hergestellt werden. Dies wurde uns von einem Mitglied der Kommission bestätigt, das sich in Theorie und Praxis sehr gut mit dem Thema Whisky auskennt.“
Der vom britischen Parlament im Jahre 1823 verabschiedete Wash Act sollte die Dinge dann aber grundlegend ändern. Der Wash Act senkte alle Steuern auf Schnaps. Dafür wurde eine Gebühr von zehn Pfund auf das Betreiben einer Destillerie erhoben.
Die Highland-Brenner lehnten die neue Gesetzgebung ab, da sie ihrem Schmuggel mit Whisky das Wasser abzugraben drohte. Die Lowland-Destillateure lehnten das Gesetz ebenso ab, da es den Highland-Destillerien den Zugang zum englischen Markt eröffnete. Allem Widerstand zum Trotz hat der Wash Act den Handel mit Whisky grundlegend verändert und die Geschichte der Highland-Destillerien in neue Bahnen gelenkt.
George Smith und die Gründung der Glenlivet-Destillerie
Im Jahre 1824 war George Smith aus Upper Drumin am Livet-Fluss der erste der ehemals illegalen Whiskybrenner aus der Region, der sich eine Lizenz für seine Destillerie beschaffte.
Dies war nicht dem Zufall geschuldet.
Seinem ultra-konservativem Grundherren, dem Duke von Richmond und Gordon, war es zu Ohren gekommen, dass auf seinem Land eines der feinsten Highland-Destillate gebrannt wurde. Smiths Grundherr wollte das klandestine Gewerbe auf seinem Boden in ein profitables Geschäft umwandeln, und dafür brauchte es nun mal eine Lizenz.

Bei seinen weiterhin schwarz brennenden Nachbarn war Smith unten durch. Sie bedachten ihn mit allerlei Schmähungen und Morddrohungen, weshalb Smith bis zu seinem Lebensende nicht mehr ohne Waffe vor die Tür gegangen sein soll.
Smiths „Glenlivet“ gelangte schnell zu großer Berühmtheit. Und dieselben Nachbarn, die ihn sonst mit Morddrohungen bedachten, wollten als Whiskybrenner auch ein Stück vom „Glenlivet“-Kuchen abhaben. Viele folgten daher Smiths Beispiel. Sie holten sich eine Lizenz für ihr Gewerbe und priesen ihre Destillerien und Whiskys ebenso als „Glenlivet“ an. Dabei profitierten alle Beteiligten sowohl von der Bekanntheit von Smiths Whisky als auch von den mythischen Erzählungen, die sich um den ehemals geschmuggelten „Glenlivet“ rankten.
Smiths Geschäft lief prächtig und gedieh. Nachdem ein Feuer seine Destillerie in Drumin stark beschädigt hatte, verlegte er die Whiskyproduktion 1859 in eine neu gebaute Destillerie. Die neue Brennerei lag im Tal des Livet, und mit dem Umzug änderte er den Namen „Minmore“ in „Glenlivet“. Die Auseinandersetzungen um diese Namensgebung sollte er selbst dann aber nicht mehr miterleben. George Smith verstarb im Jahre 1871.
Aus mehr als nachvollziehbaren Gründen stieß es bei den Smiths nicht auf Gegenliebe, dass dieselben Leute, die sie sonst mit dem Tode bedrohten, vom guten Ruf ihres Whiskys profitieren wollten. John Gordon, Smiths Sohn und Erbe, brachte die Sache mit der freien Verwendung von „Glenlivet“ daher vor Gericht.
Das Urteil von 1880 schrieb den Smiths die Namensrichte an „The Glenlivet“ zu, wobei dem „The“ eine besondere Bedeutung zukam. Andere Destillerien durften laut demselben Urteil das Anhängsel „Glenlivet“ nämlich weiterhin verwenden. Aber das „The“ blieb den Smiths und ihrem Whisky vorbehalten.
Die ursprüngliche Bedeutung und frühe Geschichte von „Glenlivet“
An dieser Stelle möchte ich daher mit einem weit verbreiteten Irrtum aufräumen. Diejenigen, die den Namen „Glenlivet“ für ihre Whiskys verwendeten, haben nicht bloß George Smiths Geschäftsidee und -namen kopiert. Genau so wenig kann George Smith als Erfinder des Namens „The Glenlivet“ gelten. Schließlich gab es diese Bezeichnung von Whisky schon vor seiner Zeit.
Viele Quellen belegen den Gebrauch von „Glenlivet“ als ehemals gängige Bezeichnung für geschmuggelten Highland-Whisky:
- In einer Glosse des Dundee Advertiser aus dem Jahre 1822 sucht ein Steuereintreiber vergebens nach versteckten Fässern mit „Glenlivet“.
- Das „Farewell to Whisky“-Volkslied aus dem frühen 19. Jahrhundert besingt den „guten alten Highland-Whisky“ ebenso wie den „guten Glenlivet-Whisky“. Das Lied verwendet beide Begriffe synonym und macht klar, dass der „Glenlivet-Whisky“ überall in Schottland bekannt und heiß begehrt war. Scheinbar war „keine Dosis an Drogen nur halb so gut wie dieser Whisky, der für Körper, Trank und Speise dienlich ist.“ (“Nae dose o’ drugs is half sae guid… It does for physic, drink, and fuid,”).
- Mitte der 1820er schalteten Edinburgher Kaufleute Anzeigen im Caledonian Mercury, um ihren Whisky als „Old Malt, Highland and Glenlivet“ zu bewerben.
- Jerry Thomas Bar-Tender’s Guide, ein Cocktailbuch aus dem Jahre 1862, empfiehlt ausdrücklich nur „Whisky höchster Qualität wie Glenlivet oder Islay“ für einen Scotch Whisky Punch zu verwenden.
- Im satirischen Roman Mr Brown’s Journey aus dem Jahr 1881 wird „Glenlivet“ ebenso wie Limettensaft oder Amontillado als ein allgemein gängiges Getränk angeboten.
Der Name „Glenlivet“ ist also deutlich älter und früheren Ursprunges als die Destillerie, die diesen Namen trägt.
Der „Glenlivet“
Smiths Destillerie war nicht einmal die erste, die den Namen „Glenlivet“ trug.
Auf der gegenüberliegenden Seite des Livet-Flusses in Aucherachan eröffnete Captain William Grant kurz nach dem Wash Act von 1823 die neu-lizensierte „Glenlivat“-Destillerie. Eine Destillerie dieses Namens muss es allerdings auch schon gegen Ende des 18. Jahrhunderts gegeben haben.
Mitte des 19. Jahrhunderts waren Grants und Smiths Destillerien die einzigen beiden lizensierten Brennereien im Livet-Tal. Aber Glenlivat schloss 1852 seine Türen. Damit war der Weg für das Verfahren frei, das 1880 über den Namen „Glenlivet“ und dessen Verwendung entscheiden sollte.

Das Urteil erwies sich für die Smiths als zweischneidiges Schwert.
Während sie das Recht am „The Glenlivet“ gewonnen haben, haben sie den Streit um das „Glenlivet“ verloren. Durch das Urteil des Gerichts galt „Glenlivet“ seit den 1880ern somit als eigene Whiskykategorie. Und die Smiths blieben nicht die einzigen, die ihren Whisky mit einem „The“ versahen.
Spätestens ab Mitte des 20. Jahrhunderts strebten viele Destillerien danach, ihr Produkt von den Blends zu unterscheiden, in denen es verwendet wurde. Daher griffen sie mehr und mehr auf „das verschnörkelte The“ zurück (Michael Jacksons Worte, nicht meine). Und dieser Schnörkel sollte bleiben.
Sei es „The Macallan“, „The Glendronach“ oder „The Balvenie“. Keine Destillerie lässt heute auch nur den geringsten Zweifel daran aufkommen, dass sie die einzig wahren Vertreter ihrer selbst sind.
Die Geschichte von Glenlivet: Von „Glenlivet“ zur Speyside
Durch die jahrhundertlange Verwendung des Labels „Glenlivet“ von verschiedenen Destillerien für ihre Whiskys hat sich die Bedeutung des Namens gewandelt.
Man könnte den Namen „Glenlivet“ als Vorläufer der heute gültigen „Speyside“-Kategorie verstehen. Wie Jackson in seinem World Guide to Whisky 1987 schreibt: „Wenn man Speyside und Cognac miteinander vergleichen würde, hieße ‚Glenlivet‘ in etwa so viel wie ‚Grand Champagne‘“.
The Glenallachie wurde erst 1967 gegründet, hat sich den Namen „Glenlivet“ aber selbst dann noch auf ihre Fahnen geschrieben. Damit wollten sie wohl eher nicht an die Geschichte des Whiskyschmuggels erinnern. Sie wollten ihr Produkt in einer besonders geschätzten Whiskyregion verorten und jene Verbraucher ansprechen, die gerne zu Whiskys des „Glenlivet“-Stils griffen.
Diese Unterscheidung zwischen Whiskystil und Whiskyregion, die für unsere Geschichte so bedeutend ist, wurde allerdings oft nicht so genau genommen.
Im frühen 19. Jahrhundert lagen nur wenige der lizensierten Destillerien im Livet-Tal oder in dessen Nähe. Sie wollten sich dennoch gerne mit dem Stil, der mit dieser Gegend verbunden wurde, schmücken. Umgekehrt wollten sich George Smiths Nachkommen eine geographische Bezeichnung für ihren Whisky zu eigen machen. Der Name „Glenlivet“ bezog sich jedoch schon zu ihrer Zeit eher auf einen bestimmten Stil als auf einen Ort. „Glenlivet“ diente damals vor allem als Bezeichnung für einen langsam destillierten, schwarz gebrannten Pot-Still Whisky.
Bis heute sind Stilbezeichnung und Ortsangabe bei Whisky nicht immer deckungsgleich. Ardmore passt kaum zu den anderen Speyside-Destillerien und deren Stil. Die meisten von Bruichladdich hergestellten Whiskys sind keine Rauchbomben, wie man sie sonst von Islay kennt. Und während die damals als „Glenlivet“ bezeichnete Region zur heutigen „Speyside“ wurde, hat der ursprüngliche Highland-Whisky nur wenig mit dem zu tun, was man heute als Speysider kennt – eher im Gegenteil.
Ursprünglich waren alle Highland-Whiskys nämlich getorft. Torf war damals das einzige Brennmaterial, das den Highlandern zur Verfügung stand, und sein erdiger Geruch und Geschmack müssen in jede Pore ihres Lebens eingedrungen sein.
Außerdem würden wir den damaligen Highland-Whisky heute als New Make bezeichnen, da er nicht gelagert wurde. Die Lagerung und Reifung von Whisky in Holzfässern hielt nämlich erst später Einzug ins Whiskygeschäft. Dies geschah erst in den 1860ern mit der Ausweitung des legalen Whiskyhandels und dem Anstieg der Sherry-Importe nach Großbritannien, nachdem die Reblaus Frankreichs Weinstöcke verwüstet hatte.
Whisky im späten 19. Jahrhundert
Damals trank der Großteil der englischen Elite vor allem Weinbrände. Wegen des durch die Reblaus verursachten Mangels an diesen sollte ihnen nun der deutlich rauere Highland-Whisky schmackhaft gemacht werden. Nicht zuletzt wegen der Reblaus brach der Londoner Journalist Alfred Barnard daher zu einer Rundreise auf, die ihn durch Schottland, Irland und England führte.
Auf seiner Reise wollte er mehr über die in diesen Ländern vorzufindenden Destillerien und deren Whiskys erfahren . Ein Resultat seiner dreijährigen Tour ist das 1887 erschienene The Whisky Distilleries of the United Kingdom. Dieses Buch ist heute eine historische Quelle von unermesslichem Wert.
In seinem Werk unterscheidet Barnard zwischen dem „Old Still Malt“ und dem „Highland Malt“, die in einer Destillerie in Glasgow gebrannt wurden. Der „Old Still Malt“ wurde mit ungetorfter Gerste und der „Highland Malt“ mit getorfter Gerste hergestellt. Barnard verwendet das Label „reiner Highland Malt“ aber auch als Bezeichnung für eine Whiskyregion. Diese erstreckte sich über die heute gängigen Regionen Highland und Speyside.
„Glenlivet“ wird von ihm allerdings nicht als Name einer Region verwendet. Barnard unterscheidet nur Malts aus Campbeltown, Islay, den Lowlands und den Highlands. Die meisten der von ihm beschriebenen Whiskys stammen aus den Highlands und Campbeltown. „Highland“ wurde von Barnard also sowohl zur Benennung einer Region als auch zur Bezeichnung eines bestimmten Stils von getorftem Whisky verwendet.

Im späten 19. Jahrhundert wurde allerdings immer weniger getorfter Whisky in den Highlands produziert.
Der getorfte Stil war von den Highlandern ohnehin nie wirklich gewollt. Der Bau der Eisenbahn in der Speyside in den 1820ern ermöglichte den Transport anderer Brennstoffe in die Region. Die Highland-Destillerien konnten nun auch das von den Engländern bevorzugte weinbrandartige Destillat herstellen, indem sie den Torf in der Herstellung ihrer Whiskys einfach weg ließen.
Elizabeth Grant beschrieb damals in ihren Tagebüchern den von ihr verkauften Whisky als „lange in Holz gelagert“ und „mild wie Milch“. Ob wir es da wohl mit einer frühen Sherry-Bombe aus der Speyside zu tun haben?
Abschluss: Die Benennung von Whisky im Wandel der Zeit
Die Bezeichnungen für Whisky sind zahlreich und häufig unklaren Ursprunges.
So wie andere Bezeichnungen von Whisky zielt der Name „Glenlivet“ vor allem auf Authentizität ab. Dabei spielt es allerdings keine große Rolle, ob dieser Anspruch einer wie auch immer gearteten Realität entspricht.
Als König George IV im Jahre 1822 nach „Glenlivet“ verlangte, wollte er den einzig wahren Whisky im Glas haben – den aus den klandestinen Brennblasen der Highlands. Statt seinen „Glenlivet“ in der Bothy zu trinken, wie es sich eigentlich gehört hätte, ließ er diesen in seine königliche Residenz in Holyrood bringen. Währenddessen schickte er seine Steuereintreiber los, um eben die klandestinen Brennereien, nach deren Whisky es ihm so gelüstete, stillzulegen.
Als die Highland-Destillerien sich in den 1820ern zunehmend legalisierten und als „Glenlivets“ bezeichneten, eigneten sie sich den guten Ruf dieses Namens an. Nichtsdestotrotz wurden das lizensierte Brennen und die mit diesem entstandene „Glenlivet“-Marke von oben verordnet und nicht von unten erfunden.
In den späten 1880ern schrieb Barnard: „Wenn ich zu lange in meinen Erinnerungen an den Besuch des Glenlivet geschwelgt haben sollte, dann ist dies weniger der Wirkmächtigkeit seiner Whiskys geschuldet, denn dem Vergnügen dort für eine kurze Weile den Städten und ihrem geschäftigen Treiben entflohen zu sein.“ So trug selbst Barnard seinen Teil zum Mythos „Glenlivet“ bei. Cadenhead’s machen heute das Gleiche, wenn sie ihre Whiskys mit dem „Glenlivet“-Suffix versehen, um an die guten alten Zeiten zu erinnern.
Robert Burns, der selbst von Zeit zu Zeit als Steuereintreiber gearbeitet hat, wäre sicher stolz auf sie.
Quellenangabe
Der Text ist im Original von Gallie MacOmish auf Englisch verfasst und erschien 2022 auf Dramface unter dem Titel: “Ye Olde Glenlivet Whisky”.
Ich habe den Text mit dem Einverständnis der Autorin ins Deutsche übersetzt und dabei leicht überarbeitet. Die Fotos sind aus einer privaten Sammlung und für die Verwendung hier freigegeben.
Auf dem Blog der Edinburgh Whisky Academy findet sich ein weiterer detaillreicher Text von Iain Russell zur Geschichte von Glenlivet und der dortigen Whiskyherstellung:
Russell, Iain. 2024. “A History of Glenlivet (the place).”
Auf scotchwhisky.com findet sich ein älterer Text von Iain Russell zur Geschichte von Glenlivet:
Russell, Iain, 2019. “Glenlivet’s Pioneering Whisky History.”
Bildquellen
Ich möchte mich bei Wally Macaulay dafür bedanken, die hier gezeigten Fotos aus seiner Sammlung mit mir geteilt zu haben.
- Übersetzung des englischsprachigen Originals von Gallie MacOmish (2022 auf Dramface erschienen). ↩︎
- https://commons.wikimedia.org/wiki/File:Jpg-glenlivetb.jpg ↩︎
- https://www.dramface.com/features/2022/ye-olde-whisky-glenlivet ↩︎
- https://www.dramface.com/features/2022/ye-olde-whisky-glenlivet ↩︎
- https://www.dramface.com/features/2022/ye-olde-whisky-glenlivet ↩︎
- https://electricscotland.com/history/highlandlady/index.17.jpg ↩︎
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